Wer in einem anderen Land lebt, der stellt immer wieder fest, dass Selbstverständliches nicht selbstverständlich ist. Manchmal verstehe ich die ”einfachsten Dinge” nicht - weil ich nicht die gleiche Pflichtlektüre gelesen habe, nicht die gleiche Werbung kenne, mir als Kind nicht die gleiche Suppe eingeflößt wurde, ... eben nicht das gleiche Alltägliche erlebt habe, wie die Menschen um mich herum.
Nun habe ich einmal erlebt, wie meine Selbstverständlichkeiten für die Leute hier eben überhaupt nicht selbstverständlich sind.
Ich bin ja jetzt Babytrageberaterin. Das heißt, ich helfe Leuten eine gute Art zu finden, wie sie ihr Baby tragen können. Helfe Tragetücher zu binden, Tragenhilfen einzustellen, zu entscheiden, welche Trage gekauft werden sollte, ect.
Letzten Sonntag war ein großes Mütter-Treffen zum Thema Tragen und ich und mein Wissen, wir waren sehr gefragt.
Mehrfach kamen Mütter mit ihrem Baby in ihrer Trage auf mich zu und beschrieben mir ein ähnliches Problem: ”Ich bekomme mit dem Baby in der Trage ganz schnell und ganz schlimme Rückenschmerzen, mache ich etwas falsch?” Beim Anblick dieser Mamas und ihrer Tragebabys brauchte es nun wahrlich keinen Profi um das Problem sofort zu identifizieren. Ich war irgendwas zwischen belustigt, verunsichert und schockiert dieses Mama-Baby-Gespann vor mir zu sehen, bei dem die Mutter wohl die Trage so wie sie gekauft hatte angelegt hat, ihr Baby reingesteckt, irgendwie die Träger über die Schulter gestriffen hat und dabei Null Komma gar nichts festgezogen hat. Und dann wundert sie sich, dass das unbequem ist. Das Baby muss sie mit den Händen stützen, es hat ja keinen Halt bei den langen Trägern, der Hüftgurt hängt sonst wo und ich bekomme vom Anschauen schon Rückenschmerzen. (An das Baby und seinen Rücken wollen wir an dieser Stelle gar nicht denken)
Eine wahre Herausforderung an meine Liebe, Demut und Geduld. Als ich dann innerhalb von zwei Minuten der Mutter gezeigt habe, dass man die Schultergurte straffen kann, haben die Mamas wahre Trage-Revolutionen erlebt. Plötzlich war die Sache bequem. Plötzlich hatten sie wirklich die Hände frei. Plötzlich fühlte sich das kleine Baby nichtmehr wie ein Zementsack an. So schön, in so kurzer Zeit helfen zu können.
Doch zurück zum Weltwissen.
Neben der Herausforderung bezüglich meiner zwischenmenschlichen Kompetenz, war das ganze dann auch eine Herausforderung bezüglich meines Verstehens. Ich bin ja Deutsche. Ich möchte ja wissen warum. Warum? Warum ziehen diese Frauen nicht einfach die Träger fest? Das ist doch absolut das gleiche wie bei jedem Rucksack. Warum leiden die wochenlang und finden selbst keine Lösung? Einfach wie man einen Rucksack festzieht, so auch die Babytrage festziehen. Das ist doch völlig logisch!
Doch ist es das wirklich?
Einfach wie ein Rucksack?
Hier liegt das Problem. Die Leute hier haben keinen Rucksack. Schon gar nicht den deutschen dicken Reiserucksack, den sie sich mit 20kg beladen auf den Rücken schmeißen um in Urlaub zu fliegen. Auch keinen Wanderrucksack, der exakt passen muss, damit man die 3-Tagestour überlebt. Hier gibt es keine Rucksäcke. Es gibt modische Handtaschen, es gibt Rollkoffer, doch wer nutzt denn schon einen Rucksack? (wir sind ja schließlich keine Grundschüler mehr!)
Und genau da bin ich wohl in die Weltwissen-Falle getappt. Hab einfach angenommen, selbstverständlich wäre selbstverständlich.
Und plötzlich wird das auch mit der Liebe und Geduld einfacher. Natürlich muss ich Leuten erklärn, wie sie die Träger ihrer Babytrage festziehen. Überhaupt wie solche Gurtbänder funktionieren. In welchem Winkel man ziehen muss, und wie man das ganze einfach wieder lockern kann. Das ist nämlich überhaupt nicht so trivial. Und dann kann ich mich auch gleich noch mehr mit den Mamas freuen. Sie haben nämlich nicht nur eine Babytrage, sie können sie auch sinnvoll bedienen. Sollten sie irgendwann mal einen Wanderrucksack haben, dann können sie den jetzt sicher auch einstellen. Wie wunderbar doch das Leben plötzlich sein kann.
Wie gut, dass es mich gibt. :-)
Dienstag, 15. November 2016
Dienstag, 18. Oktober 2016
Hauptsache es ist gesund
Um mich herum sind so einige Babys unterwegs oder gerade auf die Welt gepurzelt. Das gibt mir den Anlass über eine Redewendung zu schreiben, die ähnlich verbreitet wie seltsam ist. ”Hauptsache es ist gesund”. "Es" ist hier natürlich das Baby, also das Baby im Bauch. Wäre "es" schon geschlüpft würde man ja nicht mehr von "es", sondern von "er" oder "sie" reden. Wäre es schon geschlüpft, würde man überhaupt über ganz andere Dinge reden.
”Hauptsache es ist gesund” ist die Antwort auf die Frage nach dem Geschlecht des Babys. Ausdrücken soll dieser Satz, dass das Geschlecht keine Rolle spielt, ”Wir nehmen beides, ganz egal ob Junge oder Mädchen, Hauptsache es ist gesund.”
Das klingt ja erstmal gut und ist auch gut gemeint. Schön, dass (zumindest in Deutschland) inzwischen beide Geschlechter gleich willkommen sind. Das ist wirklich sehr schön. Schön, dass ich darüber schonmal nichts zu schreiben habe. Also widmen wir uns der Hauptsache.
Wenn Mädchen oder Junge keine Rolle spielt, beide willkommen sind, dann ist wohl die nächste Hauptsache: Das Kind muss gesund sein.
Doch was wenn nicht?
Was wenn das Baby nicht gesund ist? Was ist dann mit diesem Satz? Wie klingt denn dieser Satz für Eltern, deren Baby nicht gesund ist? Wie klingt er für Menschen, die noch heute nicht gesund sind und es schon als Baby nicht waren?
Irgendwas ist dann wohl schiefgegangen. Nein, ich wünsche es keinem krank zu sein. Doch ist es wirklich die Hauptsache, dass das Baby gesund ist?
Denn was wenn nicht?
Hat dann das Baby versagt? Ist es in nicht-gesund also nicht willkommen? Schön, dass es sowohl als Mädchen wie auch als Junge willkommen wäre, doch gesund muss es bitte wohl sein.
Ich bin froh, dass meine Kinder gesund sind. Ich bin auch froh, dass es Mädchen sind. Ich wäre auch froh um sie, wenn sie Jungen wären. Ich wäre sogar auch froh um sie, wenn sie nicht gesund wären.
Sie sind willkommen. So wie sie sind. Das ist die Hauptsache.
”Hauptsache es ist gesund” ist die Antwort auf die Frage nach dem Geschlecht des Babys. Ausdrücken soll dieser Satz, dass das Geschlecht keine Rolle spielt, ”Wir nehmen beides, ganz egal ob Junge oder Mädchen, Hauptsache es ist gesund.”
Das klingt ja erstmal gut und ist auch gut gemeint. Schön, dass (zumindest in Deutschland) inzwischen beide Geschlechter gleich willkommen sind. Das ist wirklich sehr schön. Schön, dass ich darüber schonmal nichts zu schreiben habe. Also widmen wir uns der Hauptsache.
Wenn Mädchen oder Junge keine Rolle spielt, beide willkommen sind, dann ist wohl die nächste Hauptsache: Das Kind muss gesund sein.
Doch was wenn nicht?
Was wenn das Baby nicht gesund ist? Was ist dann mit diesem Satz? Wie klingt denn dieser Satz für Eltern, deren Baby nicht gesund ist? Wie klingt er für Menschen, die noch heute nicht gesund sind und es schon als Baby nicht waren?
Irgendwas ist dann wohl schiefgegangen. Nein, ich wünsche es keinem krank zu sein. Doch ist es wirklich die Hauptsache, dass das Baby gesund ist?
Denn was wenn nicht?
Hat dann das Baby versagt? Ist es in nicht-gesund also nicht willkommen? Schön, dass es sowohl als Mädchen wie auch als Junge willkommen wäre, doch gesund muss es bitte wohl sein.
Ich bin froh, dass meine Kinder gesund sind. Ich bin auch froh, dass es Mädchen sind. Ich wäre auch froh um sie, wenn sie Jungen wären. Ich wäre sogar auch froh um sie, wenn sie nicht gesund wären.
Sie sind willkommen. So wie sie sind. Das ist die Hauptsache.
Freitag, 9. September 2016
Dance with Babies - ein sehr türkisches Erlebnis
Manchmal, wenn ich mit meinen Töchtern am Wohnzimmerboden sitze, dann wünsche ich mir in Deutschland zu leben. In dem Land der vielen Angebote. Anstatt mich von zwei Krabbelmäusen anblubbern zu lassen, könnte ich meine Babys einpacken und zum Babyschwimmen fahren, oder zum PEKIP, oder zur Babymassage, oder zum Kanga-Training, oder...
Doch hier gibt es solche Angebote so gut wie nicht. Umso schöner, wenn doch mal etwas stattfindet. Seit zwei Wochen habe ich mich auf diesen Vormittag gefreut. Joiemove - Dance with Babies! Mit dem Baby in der Trage gemeinsam mit anderen Müttern tanzen, sanft im Rhythmus der Musik wiegen, sich ein bisschen bewegen, mit dem Baby kuscheln und danach noch nett nen Tee mit den anderen Müttern trinken und ein paar neue Leute kennenlernen. So in etwa meine Vorstellungen.
Natürlich ist solch eine Veranstaltung für eine Zwillingsmutter von besonderer Herausforderung. Gut organisiert wie ich bin, habe ich sowohl mit der Tanzlehrerin vorher abgesprochen, dass sie eines meiner Babys in die Trage nehmen könnte, wie auch ein Reisebett dabei gehabt, da es ja eigentlich eh zur Mittagsschlafzeit war. So könnte ein Spatz im Reisebett schlafen und der andere auf meinem Rücken bei den sanften Tanzrhythmen. Alles bestens, es konnte losgehen.
Zwillingstypisch habe ich wieder später als geplant das Haus verlassen und kam schon auf dem Weg ins Schwitzen. Wozu wollte ich jetzt tanzen? Den Sport hatte ich schon unterwegs.
Deutschtypisch habe ich wieder gedacht, ich müsste etwas vor der angegebenen Uhrzeit erscheinen, um noch genug Zeit zu haben mich und meine Kinder zu sortieren. Klar war ich, leicht zu spät, dennoch eine der ersten und hatte gar nicht so viel zu sortieren wie noch Zeit war, bis es endlich losging.
Zu meinem Erschrecken waren in dem Mutter-Kind-Cafe, in dem das ganze stattfand, neben Tanz- und Babytragewilligen Müttern auch noch drei Teyzes (Teyze = türkisch für Tante, die, die immer für einen Ratschlag gut und für Feingefühl schlecht sind) anwesend. Nachdem die Teyzes kommentiert hatten, dass es ja viel besser ist, das Kind auf dem Rücken zu tragen, man das ja früher auch so gemacht hätte, aber vorsicht, mein Kind fällt sicher gleich raus, bekommt es überhaupt Luft, ... konnte ich immerhin mein Kinderwagenbaby kurz bei einer Teyze zwischenparken, die aufjedenfall sehr gut darin war die Robbe zum Lachen zu bringen. Die Krabbe war eh schon auf dem Weg auf meinem Rücken eingeschlafen und so konnte ich in Ruhe das Reisebett für die Robbe aufbauen und mit ner Hand voll Schnuller ausgestattet das Kind zum Schlafen legen.
Nur hatte ich meine Rechnung ohne die Teyzes gemacht. Da die Robbe nicht sofort einschlief, und ein Baby ja eigentlich sowieso nie von alleine einschlafen kann, hat sich eine Teyze vor dem Bett positioniert und mit Lauten Klatschen und Rufen versucht, die Robbe zum Einschlafen zu bringen.
Da musste ich das erste Mal die Zähne zusammenbeißen und ein Modul extra Liebe laden, um diese Situation zu entschärfen. Doch zum Glück ging es irgendwann wirklich los und die Aufmerksamkeit ging weg von meiner Robbe hin zum Tanz.
Wir waren sieben Mütter, davon fünf mit Tragekindern und zwei mit Laufkindern, dazu noch ein paar mehr Laufkinder, die ich nicht zuordnen konnte. Von den Tragekindern waren meine die ältesten.
Los ging es mit Macarena, auf ordentlicher Lautstärke und mit ordentlich Schwung. Ja, die Türken wissen zu tanzen! Und zwischendrin ich arme Deutsche, doch ja, ein Macarena krieg ich ja wohl auch noch hin! Weiter ging es mit mehr Hüftschwung (=mehr Herausforderung für die Deutsche), mehr Lautstärke und schnelleren Liedern. Nach jedem Lied war natürlich lautes Jubeln und Applaus angesagt. Mein Rückenspatz war inzwischen wieder wach und mein Bettspatz noch wach. Wenn ich mich umsah, blickte ich in lachende Mütteraugen und gestresste Babyaugen. Die armen Minis haben alle irgendwie versucht sich in ihren Tragen zu verkriechen. Zwei schlaue Kleine haben Hunger angemeldet und konnten somit immerhin zum Stillen der Situation entkommen. Die Laufkinder hatten Spaß, für die war das genau das Richtige und ja, es war schön den 4-jährigen beim ”Tanzen” zuzusehen.
Die nächste halbe Stunde kann ich abkürzen. Es blieb laut und wild, die Bewegungen fand ich mit Baby an mir nicht unbedingt geeignet, und irgendwann, als mein Rückenspatz zu quengeln anfing, wurde es mir echt zu blöd.
So hab ich meine Kinder geschnappt und mich in einem anderen Raum verschanzt und gewartet bis es vorbei ist.
Schon da war ich gefrustet.
Als die Musik leiser wurde hab ich mich aus meinem Versteck rausgetraut. All das natürlich immer irgendwie mit zwei Kindern auf dem Arm. Entspannt ist was anderes. Die Frauen saßen draußen im Vorgarten bei Tee und Keksen und trotz Frust wollte ich nochmal den Versuch starten mich als sozialer Mensch zu verhalten und gesellte mich dazu. Meine Spatzen ließ ich krabbeln und da der Vorgarten mit Kunstteppich-Rasen ausgelegt war, stellte sich immerhin die Dreckfrage nicht. Welche Frage leider auch nicht gestellt wurde, war die, ob ich auch etwas trinken wollte - der Rest war schon in Gespräche vertieft. Und so habe ich frustrierende 15 Minuten damit verbracht meinen Krabbelkindern hinterher zu sein und zwischendrin zu versuchen auch mal ein Gespräch zu führen. Doch schließlich habe ich eingesehen, dass das keinen weiteren Sinn macht und habe den Rückweg angetreten.
Die Deutsche in mir hätte natürlich gerne noch ein Feedback über die Veranstaltung gegeben, doch mehr als ”meine Kinder sind nicht an laute Musik gewöhnt” habe ich nicht rüberbringen können. Alles in allem eine traurige Veranstaltung für mich. Wo ist nur Deutschland mit seinen PEKIP-Kursen?!?
Doch hier gibt es solche Angebote so gut wie nicht. Umso schöner, wenn doch mal etwas stattfindet. Seit zwei Wochen habe ich mich auf diesen Vormittag gefreut. Joiemove - Dance with Babies! Mit dem Baby in der Trage gemeinsam mit anderen Müttern tanzen, sanft im Rhythmus der Musik wiegen, sich ein bisschen bewegen, mit dem Baby kuscheln und danach noch nett nen Tee mit den anderen Müttern trinken und ein paar neue Leute kennenlernen. So in etwa meine Vorstellungen.
Natürlich ist solch eine Veranstaltung für eine Zwillingsmutter von besonderer Herausforderung. Gut organisiert wie ich bin, habe ich sowohl mit der Tanzlehrerin vorher abgesprochen, dass sie eines meiner Babys in die Trage nehmen könnte, wie auch ein Reisebett dabei gehabt, da es ja eigentlich eh zur Mittagsschlafzeit war. So könnte ein Spatz im Reisebett schlafen und der andere auf meinem Rücken bei den sanften Tanzrhythmen. Alles bestens, es konnte losgehen.
Zwillingstypisch habe ich wieder später als geplant das Haus verlassen und kam schon auf dem Weg ins Schwitzen. Wozu wollte ich jetzt tanzen? Den Sport hatte ich schon unterwegs.
Deutschtypisch habe ich wieder gedacht, ich müsste etwas vor der angegebenen Uhrzeit erscheinen, um noch genug Zeit zu haben mich und meine Kinder zu sortieren. Klar war ich, leicht zu spät, dennoch eine der ersten und hatte gar nicht so viel zu sortieren wie noch Zeit war, bis es endlich losging.
Zu meinem Erschrecken waren in dem Mutter-Kind-Cafe, in dem das ganze stattfand, neben Tanz- und Babytragewilligen Müttern auch noch drei Teyzes (Teyze = türkisch für Tante, die, die immer für einen Ratschlag gut und für Feingefühl schlecht sind) anwesend. Nachdem die Teyzes kommentiert hatten, dass es ja viel besser ist, das Kind auf dem Rücken zu tragen, man das ja früher auch so gemacht hätte, aber vorsicht, mein Kind fällt sicher gleich raus, bekommt es überhaupt Luft, ... konnte ich immerhin mein Kinderwagenbaby kurz bei einer Teyze zwischenparken, die aufjedenfall sehr gut darin war die Robbe zum Lachen zu bringen. Die Krabbe war eh schon auf dem Weg auf meinem Rücken eingeschlafen und so konnte ich in Ruhe das Reisebett für die Robbe aufbauen und mit ner Hand voll Schnuller ausgestattet das Kind zum Schlafen legen.
Nur hatte ich meine Rechnung ohne die Teyzes gemacht. Da die Robbe nicht sofort einschlief, und ein Baby ja eigentlich sowieso nie von alleine einschlafen kann, hat sich eine Teyze vor dem Bett positioniert und mit Lauten Klatschen und Rufen versucht, die Robbe zum Einschlafen zu bringen.
Da musste ich das erste Mal die Zähne zusammenbeißen und ein Modul extra Liebe laden, um diese Situation zu entschärfen. Doch zum Glück ging es irgendwann wirklich los und die Aufmerksamkeit ging weg von meiner Robbe hin zum Tanz.
Wir waren sieben Mütter, davon fünf mit Tragekindern und zwei mit Laufkindern, dazu noch ein paar mehr Laufkinder, die ich nicht zuordnen konnte. Von den Tragekindern waren meine die ältesten.
Los ging es mit Macarena, auf ordentlicher Lautstärke und mit ordentlich Schwung. Ja, die Türken wissen zu tanzen! Und zwischendrin ich arme Deutsche, doch ja, ein Macarena krieg ich ja wohl auch noch hin! Weiter ging es mit mehr Hüftschwung (=mehr Herausforderung für die Deutsche), mehr Lautstärke und schnelleren Liedern. Nach jedem Lied war natürlich lautes Jubeln und Applaus angesagt. Mein Rückenspatz war inzwischen wieder wach und mein Bettspatz noch wach. Wenn ich mich umsah, blickte ich in lachende Mütteraugen und gestresste Babyaugen. Die armen Minis haben alle irgendwie versucht sich in ihren Tragen zu verkriechen. Zwei schlaue Kleine haben Hunger angemeldet und konnten somit immerhin zum Stillen der Situation entkommen. Die Laufkinder hatten Spaß, für die war das genau das Richtige und ja, es war schön den 4-jährigen beim ”Tanzen” zuzusehen.
So hab ich meine Kinder geschnappt und mich in einem anderen Raum verschanzt und gewartet bis es vorbei ist.
Schon da war ich gefrustet.
Als die Musik leiser wurde hab ich mich aus meinem Versteck rausgetraut. All das natürlich immer irgendwie mit zwei Kindern auf dem Arm. Entspannt ist was anderes. Die Frauen saßen draußen im Vorgarten bei Tee und Keksen und trotz Frust wollte ich nochmal den Versuch starten mich als sozialer Mensch zu verhalten und gesellte mich dazu. Meine Spatzen ließ ich krabbeln und da der Vorgarten mit Kunstteppich-Rasen ausgelegt war, stellte sich immerhin die Dreckfrage nicht. Welche Frage leider auch nicht gestellt wurde, war die, ob ich auch etwas trinken wollte - der Rest war schon in Gespräche vertieft. Und so habe ich frustrierende 15 Minuten damit verbracht meinen Krabbelkindern hinterher zu sein und zwischendrin zu versuchen auch mal ein Gespräch zu führen. Doch schließlich habe ich eingesehen, dass das keinen weiteren Sinn macht und habe den Rückweg angetreten.
Die Deutsche in mir hätte natürlich gerne noch ein Feedback über die Veranstaltung gegeben, doch mehr als ”meine Kinder sind nicht an laute Musik gewöhnt” habe ich nicht rüberbringen können. Alles in allem eine traurige Veranstaltung für mich. Wo ist nur Deutschland mit seinen PEKIP-Kursen?!?
Mittwoch, 7. September 2016
Wie Kinderliebe aussehen kann
”Kinder sind ein Geschenk Gottes” - so in etwa kann man die türkische Haltung zu kleinen Menschen beschreiben. In vielen alltäglichen Erlebnissen darf ich immer wieder erfahren, wie kinderfreundlich dieses Land doch ist. Davon können wir deutschen wirklich nur lernen!
#Im Flugzeug/im Zug/auf Reisen
Egal wo, Kinder sind gerne gesehen! Lachen sie, so freuen sich alle Mitreisenden. Weinen sie, so bemühen sich alle Mitreisenden sie aufzumuntern. Wenn ich mit Baby einen Bus betrete, dann tue ich hier den anderen Leuten etwas Gutes, I am adding cuteness to the bus! Wenn Babys mit an Bord sind, dann ist für alle die Reise besser, weil dann kann man die schönen Babys anschauen, sie anlachen, vielleicht sogar auf den Arm nehmen, von ihnen positive Lebensenergie tanken. Ja, die Leute sind dankbar dafür, dass ich mein Baby mitbringe - und wenn es zwischendrin mal weint, nun gut, das ist so, andere Babys hätten sicher noch mehr geweint und mein Baby ist eh besonders süß.
#Im Restaraunt
Als unsere Babys noch ganz klein waren, sind wir manchmal während ihres Mittagsschlafs essen gegangen. Mit unserem Zwillingskinderwagen haben wir dann 4 Tische blockiert, doch immer waren wir so willkommen, immer waren alle so bemüht uns Platz zu machen, damit wir durchkommen.
Inzwischen sitzen unsere Babys mit am Tisch. Sie bekommen immer ganz schnell ein Stück Brot, damit sie schonmal an was nagen können. Der Großteil vom Brot fällt natürlich runter. Die Deutsche in mir will dann immer mal das Brot unter den Hochstühlen auflesen, doch nein, das darf ich nicht, dafür gibt es ja Personal. Personal, das dann sich auch noch über einen Babyblick aus nächster Nähe freuen kann.
Einmal hab ich kurz nicht hingeschaut und schon hatte ein Spatz einen Teller in der Hand und schmiss selbigen runter. Beschämt blickte ich auf die Scherben am Boden und mein (vor Schreck) weinendes Baby. Ja, wir hatten die gesamte Aufmerksamkeit auf uns, doch in den Blicken lag eher so ein ”oh, das arme Baby hat sich erschreckt, die Süße, oh...”. Der Kellner war natürlich auch sofort zur Stelle, entschuldigte sich, dass ich kurz aufstehen müsste, und kehrte ohne auch nur einen vorwurfsvollen Blick die Scherben auf.
Ein anderes Mal war neben dem Restaraunt eine kleine Baustelle, es war schon Abend aber dennoch fing dann jemand an mit einem Bohrhammer zu arbeiten. Erschreckt vom plötzlichen Krach weinte mein Baby. Eine Frau am Nachbartisch hat uns beobachtet und gleich dem Kellner Bescheid gesagt. Der ging dann zu dem Bohrhammermensch um ihn zu informieren, dass er jetzt nicht weiterarbeiten könnte, das Kind hätte Angst. Und was passiert? Der Bohrhammer hört nicht nur auf zu bohren, nein, er kommt auch noch zu mir und entschuldigt sich dafür, dass er mein Kind erschreckt hat!
(Nach deutscher Logik hätte ich mich ja einfach an nen anderen Tisch an der anderen Seite des Restaurants gesetzt, doch nein, Kinder sind König)
(Nach deutscher Logik hätte ich mich ja einfach an nen anderen Tisch an der anderen Seite des Restaurants gesetzt, doch nein, Kinder sind König)
#Bei der Bank
Da waren sie, die Stufen am Eingang der Bank. Nicht barrierefrei. Nicht zwillingswagengeeignet. So blieb mir nichts anderes übrig, als mir beide Kinder unter den Arm zu klemmen und so die Bank zu betreten. Alle Blicke auf mich, strahlende Gesichter, oh wie toll, zwei Babys, alle freuen sich. Am Schalter konnte ich immerhin die Kinder ganz gut auf diese Handtaschenablage vor dem Schalter setzen. Doch als es dann ans Karten aus dem Geldbeutel holen ging, wurde es doch kompliziert mit so zwei Zappelspatzen. Also hat die nette Bankfrau angeboten, eine auf ihren Schoß zu nehmen. Da saß sie dann meine Krabbe, hinter dem Bankschalter wie ne Große! Natürlich waren da jede Menge interessante Dinge, Stifte, Papier, Kabel, Tastatur, ... Die Bankfrau hat der Krabbe dann schnell ein Blatt Papier zum Spielen in die Hand gedrückt, und dann noch eins, als das zu Boden flog, und dann noch eins, und noch eins. Der Gerechtigkeit wegen bekam natürlich auch die Robbe Papier zum runterwerfen.
Ich muss nicht mehr erwähnen, dass die Bankfrau total glücklich war, dass ich gerade an ihren Schalter gekommen bin?
#Im Staßenverkehr
Mit Kinderwagen eine Straße zu überqueren ist nicht so einfach. Den Wagen schiebt man ja vorne, aber eigentlich müsste man ja vor dem Wagen stehen um sehen zu können, ob die Straße frei ist.
Gut, dass Kinderwägen offensichtlich Vorfahrt haben. Es passiert mir ständig, dass ein Auto extra für mich hält, bei einer zweispurigen Straße sogar in die Mitte fährt um die Straße komplett für mir zu blockieren. Einmal hat ein hinteres Auto deswegen gehupt, da sprang der Fahrer, der angehaltet hatte raus und schrie erbost, was dem Typ den einfalle, hier wären doch Kinder die über die Straße müssten! Auch ein Polizist hat schonmal ne Straße für mich gesperrt, damit ich rüber kann.
#An der Uni
Mein Prof fragt mich immer zuerst wie es meinen Kindern geht. Dann fragt er, ob ich vielleicht an meiner Masterarbeit etwas gemacht habe. Natürlich erwartet er das nicht, denn die Kinder gehen ja vor. Er rät mir dann, jetzt meine Babys zu genießen, sie sind ja schließlich nur einmal klein. Mit der Arbeit habe ich ja noch Zeit, das werde ich schon schaffen, ob er mir irgendwie noch helfen kann?
#Egal wo
Ich bekomme immer freundliche Blicke, lächeln, nachfragen ob ich Hilfe brauche, man sagt mir wie schön meine Kinder sind, man wünscht mir Gottes Segen und Hilfe sie großzuziehen, sobald ich mit Kind/ern auftauche finden mich alle ganz ganz toll.
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